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In Deutschland hat die Zahl der Corona-Neuinfektionen am Donnerstag fast die 20.000-Marke geknackt. Trotz zweiten Lockdown steigen die Covid-Infektionen. Ein ganz anderes Bild zeichnet sich derzeit in Schweden ab. Das Land ging seit dem Beginn der Coronakrise einen anderen Weg als Resteuropa. Verantwortlich für die dortige Anti-Corona-Strategie war Staatsepidemiologe Anders Tegnell. Während Deutschland in der ersten Phase der Corona-Pandemie Wirtschaft, Schulen und Kitas schloss, Restaurants und das öffentliche Leben fast auf Null herunterfuhr, hatte sich Schweden dafür entschieden, keinen Lockdown zu fahren. Mit dieser Strategie kamen die Nordlichter bislang gut durch die Corona-Krise, gleichwohl man auch dort in Kauf genommen hatte, dass insbesondere höhere Semester und Risikogruppen am Coronavirus sterben. Eine höhere Mortalität gehörte quasi zur Immunisierungsstrategie dazu. Dabei setzte man auf einen Utilitarismus, der ethisch sicherlich kritisch zu hinterfragen ist, doch nach Abwägung der Zweck-Relation für die größte Zahl und des allgemeinen Glücks damals ausschlaggebend war und moralisch sich rechtfertigen ließ.
Anfang November bestätigt sich Schwedens Sonderweg. In Skandinavien wird jetzt mehr getestet, die Zahl der PCR-Testungen erweitert. Dennoch liegt in Schweden die Zahl der Neuinfektionen aktuell unterhalb der Werte aus dem Frühjahr. Wie Wissenschaftler, Virologen und insbesondere Epidemiologen betonten, könnte der ausgebliebene Lockdown und der damit verbundene Kontakt der Menschen zum SARS-CoV-2 Erreger dazu geführt haben, dass sich T-Zellen jetzt an das Virus „erinnern“. Damit wäre die über T-Zellen generierte Herdenimmunität erreicht. In einem bericht von „Telepolis“ heißt es dazu: „Zwar ist ein saisonbedingter Anstieg zu konstatieren, allerdings liegen die Oktoberzahlen (noch) unter dem Durchschnitt der Monate April bis Juni, und dies bei einer starken Zunahme der PCR-Tests. Obwohl die schwedische Bevölkerung zahlenmässig in etwa jener Belgiens und Tschechiens entspricht, betragen die täglichen Neuinfektionen weniger als ein Zehntel.“
Der Weg, den Anders Tegnell im Frühjahr eingeschlagen ist, scheint daher der richtige zu sein. Davon ist zumindest der schwedische Arzt Sebastian Rushworth überzeugt, dass „mittels der T-Zellen die angestrebte Herdenimmunität zu erreichen“, erfolgreich umgesetzt wurde. Anders als in Italien, Spanien, Belgien, Österreich, der Schweiz und Deutschland sprechen die moderaten Infektionszahlen im skandinavischen Land dafür, dass man das Coronavirus auch in den Griff bekomme, wenn man auf die Selbstverantwortlichkeit der Bürger, auf Abstandsregeln und den Mundschutz setzt, dennoch auf „weitere Restriktionen“ verzichtet. Das Schweden in der Coronakrise mit seinem Sonderweg auf dem richtigen Kurs segelt, zeigt auch ein Blick auf die Sterbefälle. Diese entsprechen im Land dem langjährigen Durchschnitt. Während der ersten 35 Wochen dieses Jahres gab es insgesamt 620 Tote auf 100.000 Einwohner. Nur im Jahr 2012 lag die Zahl der Toten mit 650 höher. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind das rund 3.000 Todesfälle mehr als im Jahr 2020 gewesen.