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Wenn uns mitgeteilt wird, dass im Rahmen von Kohle- und Atomausstieg weitere Kraftwerke „vom Netz gehen“, so ist das eine euphemistische Umschreibung dafür, dass milliardenschwere, voll funktionsfähige Investitionsgüter demoliert werden. Es ist wenig überraschend, dass die Eigentümer dann Schadensersatz fordern, der letztlich vom Stromkunden geleistet wird. Nun soll das modernste konventionelle Kraftwerk in der Nähe von Hamburg zerstört werden. Dazu eine historische Anekdote.
In fernem Land herrschte einst König Marius der Große, von Historikern später der Wahnsinnige genannt. Sein Volk war gehorsam und fleißig und erfreute sich bürgerlichen Wohlstands. Wichtigen Beitrag dazu leistete ein wohl durchdachtes System von Aquädukten, welches Städter und Bauern zuverlässig mit Wasser aus den Bergen versorgte. Es kam aber eine Zeit, da wurden Stimmen laut, man dürfe den Bergen kein Wasser stehlen und sollte lieber Brunnen und Zisternen bauen. Und obwohl diese niemals genug liefern könnten, begann dennoch die Zerstörung der Aquädukte, die jetzt als teuflische Monstren geschmäht wurden.
Der Zerstörung stand nichts im Wege, sofern diese aus Steuergeldern bezahlt worden waren und jetzt dem Reich gehörten. Es gab aber auch Aquädukte im Besitz unabhängiger Fürsten, deren Recht auf Eigentum man respektieren musste. Und so ersannen des Königs Vasallen einen Plan, wie man die Fürsten entschädigen konnte.
Man würde dem Volk das Wasser teurer verkaufen und vom Erlös Säcke mit Dukaten füllen. Einmal im Jahr würde dann auf dem Marktplatz der Hauptstadt eine Auktion stattfinden. Auf der einen Seite stünden der König, seine Vasallen und einige Esel mit schweren Säcken auf den Rücken; ihnen gegenüber die Fürsten, die Eigentümer der Aquädukte.
Die Esel würden nun versteigert. „Was gebt ihr uns für dieses prächtige Tier, samt den Dukaten, welche es auf seinem Rücken trägt?“ Und einer der Fürsten würde anbieten: „Ich gebe euch dafür das Aquädukt im Westen, welches die Stadt seit Jahrzehnten zuverlässig versorgt hat.“ Ein anderer aber, mit exotischem Namen, der ähnlich klang wie „Wasserfall“, bot an: „Von mir bekommt ihr mein Bauwerk aus neuestem Stein, von den besten Architekten errichtet, welches vor drei Jahren begann, kristallklares Quellwasser zu liefern. Ich gebe es in eure Hände zur sofortigen Zerstörung.“
Mit ihm wurde man handelseinig – allerdings erst, nachdem ein weiterer Sack auf des Esels Rücken gelegt worden war. Standort dieses Bauwerks war der Gau „Mooresborgen“. Aus grauer Vorzeit nun ein Sprung in die Gegenwart, in der sich ähnlich absurde Händel abspielen.
Kohlekraftwerke wandeln Hitze in Strom um. Dieser Vorgang ist allerdings mit einem Fluch behaftet, dem „Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik“. Der besagt, dass nur ein Teil der Wärme in mechanische Energie und dann in Elektrizität umgewandelt werden kann. Wieviel, das hängt ab vom Temperaturgefälle, über welches die Wärmeenergie ihre Arbeit verrichtet.
Konstrukteure von Kraftwerken haben nun den Ehrgeiz, Anlagen mit möglichst hoher Effizienz zu bauen, d.h. eine möglichst hohe Ausbeute an Strom bei möglichst wenig verbrannter Kohle zu liefern. Im Kraftwerk im Hamburger Stadtteil Moorburg ist ihnen da eine Meisterstück gelungen: eine Anlage, mit 46% Wirkungsgrad. Das ist Weltrekord im Vergleich zu den 37 Prozent, die man sonst vorfindet.
Es ist modernste Kraftwerkstechnik, die natürlich auch dem Verlangen nach geringem Ausstoß von CO2 entgegenkommt. Abgesehen davon ist die Anlage mit Filtern ausgerüstet, die außer CO2 so gut wie nichts in die Umgebung entkommen lassen. Mehr über diese „most sexy powerplant alive“ können Sie hier erfahren.
Das Kraftwerk hat zwei „Blöcke“, von denen jeder 800 Megawatt Elektrizität liefern kann. Ein typischer Haushalt zieht im Durchschnitt ein halbes Kilowatt aus dem Netz; Hamburg hat rund eine Million Haushalte, was einen Bedarf von rund 500 Megawatt ausmacht. Die liefert Moorburg mit links. Mit dem Rest seiner Leistungskraft kann es dann noch Industrie und Handel bedienen.
Und noch etwas: das Kraftwerk kann seine Leistung innerhalb von nur 15 Minuten um 600 MW rauf- und runterfahren. Dass ist ideal, um die Launen von Wind- und Sonnenenergie zeitnah zu kompensieren und das Netz stabil zu halten. So kann Moorburg gerade mal ein paar hundert Windräder ersetzen, wenn Flaute kommt; ideal für die Übergangszeit zu rein alternativen Energien.
Die Anlage wurde von der schwedischen Firma Vattenfall gebaut und 2015 in Betrieb genommen. Die Kosten werden auf 2,8 Milliarden Euro geschätzt, also gut tausend Euro pro „Hamburger“. Geplante Laufzeit ist bis 2038. Ein schönes Projekt, bei dem alle gewinnen.
Nun aber steht eine Versteigerung im Raume, ähnlich wie im Reich von König Marius, an der sich Vattenfall wohl beteiligen wird. Es werden einige Säcke voller Dukaten demjenigen geboten, der bereit ist, sein Kraftwerk im Rahmen des Kohleausstiegs abzureißen. Im Dezember 2020 werden die Würfel fallen und im Sommer 2021 wäre Moorburg dann vom Netz. Es wäre ein weiterer Akt planloser und gewalttätiger deutscher Energiepolitik und deren verantwortungslosem Umgang mit Investitionsgütern.
Wie lange wird die Bevölkerung das noch mitmachen? Wie lange noch klaglos die Kosten dafür übernehmen?
Im Reiche von König Marius war es damals nicht gut ausgegangen. Zisternen und Brunnen lieferten zu wenig Wasser, um Früchte zu ernten und Vieh zu halten. Man musste das Nass jetzt von angrenzenden Ländern kaufen. Bald zogen Karawanen von Eseln mit Amphoren und Schläuchen auf den Rücken Tag und Nacht über die gepflasterten Straßen.
Das Volk musste nun den doppelten Preis für jeden Liter Wasser bezahlen, welches manchmal auch rationiert wurde. Aber auch die Fürsten wurden ihrer Dukaten nicht froh, denn sie konnten nichts dafür kaufen, weil das Land kaum noch etwas produzierte. Und eines Tages, da wachten auch die Einfachsten unter den Bürgern und Bauern auf, sie rauften sich die Haare und schrien: Was haben wir nur getan!
Sie sahen jetzt vor ihrem geistigen Auge die alte Heimat, mit blühenden Gärten, genug frischem Wasser, sodass die Kleinen im Sommer nach Belieben planschen konnten, und am Horizont, im Abendlicht, standen die herrlichen Aquädukte. Jetzt aber hatte man Tag und Nacht nur den Gestank und Lärm der Esel um sich, das Wasser war unrein und wurde immer teurer, und es blieb kaum noch Geld für ein erquickliches Leben.
In den Nachbarländern aber wurden Aquädukte wurden gebaut und man erfreute sich dort des neuen Wohlstands dank des Exports von Wasser. Die Menschen in Marios Reich jedoch erkannten: Wir haben alles gegeben und was haben wir dafür bekommen? Absolut nichts. Wir haben uns die Dukaten vom Munde abgespart und dem König gegeben und mit dem Geld wurden unsere Aquädukte zerstört, unsere Lebensgrundlage.
Regierungstreue Apologeten erklärten dem enttäuschten Volke, dass der Abriss der Aquädukte nur die konsequente Umsetzung der Politik des Königs sei. Aber davon wollten die Untertanen jetzt nichts mehr wissen. Sie sagten: Wenn die Politik zu Taten des Wahnsinns führt, dann ist die Politik selbst wahnsinnig. Sie verjagten König Marius, der schließlich mit dem Beinamen „der Wahnsinnige“ in die Geschichte einging
Quelle: Hans Hofmann-Reinecke. Weitere Texte in seinem Blog.
Die Website von EIKE gibt uns heute aktuelle Daten zu den Stromimporten und Exporten Deutschlands. Das ist eine interessante Ergänzung zum obigen Artikel über das Kraftwerk Moorburg.
Während des ersten Halbjahrs 2020 wurden demnach 25,7 Milliarden Kilowattstunden importiert. Ist das viel? Ich rechne die Energie für Sie in Leistung um, das kann man sich dann besser vorstellen. Dazu teilen wir die große Zahl durch die Stunden eines halben Jahres und bekommen für die Leistung einen Mittelwert von rund 6 Gigawatt. Das entspricht sechs ausgewachsenen Kraftwerksblöcken; die fehlen uns.
Das Paradoxe ist nun, dass Deutschland trotzdem Strom exportiert. Wie soll das gehen? Das ist Windstrom, der zu Zeiten fließt, wo man ihn nicht brauchen kann. Und zwar wird mehr exportiert als importiert! Ist Deutschland also wieder Exportweltmeister?
Nicht ganz, denn der Exportstrom wird gewissermaßen ins Ausland „verklappt“ und je nach Situation muss auf jede abgegebene Kilowattstunde noch etwas Bargeld gelegt werden, damit sie uns abgenommen wird. Es wäre interessant zu erfahren ob diese „negativen Verkaufspreise“ dann an die Windmüller weitergereicht werden, die den nutzlosen Strom produzieren, oder ob man hier das Vorzeichen gerade mal umdreht – via EEG Abgabe zu Lasten der braven Stromkunden.
Wir haben also zu viele Windmühlen, die zu viel nutzlosen Strom produzieren und zu wenige normale Kraftwerke, um unseren Bedarf an Strom zu decken, wenn wir in brauchen. Welche Konsequenzen zieht die Politik aus dieser Erkenntnis? Noch mehr Windmühlen bauen und die funktionierenden Kraftwerke abreißen – so wie voraussichtlich im nächsten Jahr das KW Moorburg, mit 1,6 Gigawatt.
Der kluge Polonius aus Shakespeares Hamlet würde dazu sagen: “Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.“