Der Ursprung der CO2-Angst

Jordan B. Peterson sprach mit dem Atmosphärenphysiker und Klimapolitik-Kritiker Dr. Richard Lindzen (* 1940) über die Ursprünge der heutigen CO2-Panik. Im Folgenden geben wir einen Auszug aus einem Gespräch der beiden wieder, das auf Petersons Youtube-Kanal geführt wurde.

Jordan B. Peterson: Warum begannen Wissenschaftler in den 1950ern und 60ern überhaupt, den CO2-Gehalt der Atmosphäre zu messen?

Richard Lindzen: Aus Neugier. Es ist ein interessanter chemischer Stoff. Er spielt eine Rolle bei der Photosynthese, er ist lebensnotwenig, wir haben ungefähr 40.000 ppm davon in unserem Atem. Und natürlich interessiert uns das Kohlenstoffdioxid auch, weil es Infrarotstrahlung aufnehmen kann und daher eine Rolle beim Treibhauseffekt spielt. Das fand man also alles heraus und die nächste Frage lautete, was daraus folgen würde.

Aber wichtiger als das – in Hinblick auf die Kontrolle des Energiesektors – war: Egal, wie sauber man die Verbrennung fossiler Brennstoffe gestalten würde, man würde dabei letztlich immer CO2 erzeugen. Das würde man einfach nie loswerden.

Jordan B. Peterson: Was hat das denn mit der Kontrolle des Energiesektors zu tun?

Richard Lindzen: Ich kann mich täuschen, aber es ist wohl unbestritten, dass fossile Brennstoffe das Herzstück der industriellen Entwicklung und des westlichen Wohlstands sind. Und plötzlich kamen diese ganzen malthusianischen Bewegungen auf (nach dem britischen Ökonomen Thomas Robert Malthus, der davon ausing, dass es nicht möglich sei, bei wachsender Bevölkerung gleichermaßen die Nahrungsmittel-Produktivität zu steigern, Anm. d. Red.): etwa in Gestalt von Paul R. Ehrlich oder John Holdren, die sich gegen ein Bevölkerungswachstum aussprachen.

Außerdem spürt man eine starke Antipathie gegen die arbeitende Mittelschicht. Man bekommt mehr und mehr das Gefühl, dass es Leute gibt, die es bedauern, dass gewöhnliche Menschen anständig leben wollen – ein Auto haben, ein Haus besitzen, einen Geschirrspüler benutzen und so weiter. Ich weiß nicht warum, aber es existiert ein gewisser Argwohn demgegenüber.

Jordan B. Peterson: Neulich sprach ich mit Alex Epstein, Autor des Buches „The Moral Case for Fossil Fuels“ („Moralische Argumente für fossile Brennstoffe“). Er hat versucht, bestimmte theologische oder metaphysische Voraussetzungen zu erklären, die dem von Ihnen ins Spiel gebrachten Ansatz zugrunde liegen. Ihr Kommentar zum Thema Neid ist sehr interessant – dass man es den normalen Leuten nicht gönnt erfolgreich zu sein, was eine ziemlich unanständige Form der Ablehnung ist.

Epstein führt an, dass es die Ansicht gibt, dass die einzige echte natürliche Landschaftsform die von Menschen komplett unberührte Natur sei. Wenn das also die Grundannahme ist, dann ist jegliche Form der Industrie vollkommen indiskutabel. Und schließlich kommt noch der von Ihnen erwähnte Malthusianismus ins Spiel. Für alle, die es nicht wissen: Diese Vorstellung beruht auf einer Art Petrischalen-Modell, Petrischalen benutzt man mithilfe des Geliermittels Agar zur Züchtung von Mikroorganismen. Wenn man Mikroorganismen in der Petrischale ansiedelt, beginnen sie sich zu vermehren, bis sie das gesamte Geliermittel aufgezehrt haben und sterben. Es gibt daher in der Biologie die Vorstellung, dass Organismen, die man sich selbst überlässt, sich so lange vermehren, bis sie alle ihre Ressourcen verschlungen haben und schließlich massenhaft verenden.

Die malthusianischen Vorhersagen zum Bevölkerungszusammenbruch, die in den 60ern aufkamen, übertrugen also dieses Petrischalen-Modell auf den Menschen. Das Problem dabei ist, dass überhaupt nicht ersichtlich ist, warum Einzeller eine gute Metapher für den Menschen darstellen sollten. Wir sind zu ziemlich radikaler Anpassung und Umwandlung fähig, während Einzeller mehr oder weniger ein algorithmisches Programm abspulen, obwohl sie schon recht komplex sind.

Die Vorstellung, dass die Menschen zu einem malthusianischen Ende verdammt seien, ist ganz und gar keine kanonische biologische Tatsache. Aber scheinbar trotzdem der Motor hinter dem CO2-Thema.

Richard Lindzen: Es steht jedenfalls fest, dass die Eliten kein Interesse daran haben, ihr eigenes Konsumverhalten einzuschränken. Wenn man sich nun die Mühe machen will, herauszufinden, wie groß die ideale Bevölkerung sein soll, kann man bestimmt irgendeine Obergrenze feststellen. Andererseits muss man sich nur einmal die Entwicklung von Indien während meiner Lebensspanne anschauen: Noch kurz nach der Unabhängigkeit 1947 lag die indische Bevölkerung unter 200 Millionen und Hungersnöte waren normal. Heute leben dort 1,3 Milliarden Menschen und Indien exportiert sogar Nahrungsmittel (...) Die Landwirtschaft ist in dieser Zeit einfach viel effektiver geworden.

Gleichzeitig liegt heute die Betonung auf Lebensmitteln, die ohne Dünger und so weiter produziert wurden. Wenn man das weiter verfolgt, wird man in Hungersnöten enden.

Jordan B. Peterson: Ohne die Verwendung von Ammoniak-Dünger würden 4 Milliarden Menschen sterben.

Richard Lindzen: Diese ganze Diskussion ist ziemlich bescheuert. Sie sprachen bereits Alex Epstein an, der dies dargelegt hat. Im Grunde ist auch folgendes offensichtlich: Man könnte Europa, Kanada und die USA beerdigen und ihnen jeglichen CO2-Ausstoß verbieten. Dies hätte jedoch kaum eine Aufwirkung auf den Anstieg des CO2, weil einfach der Großteil der Welt nicht so dumm wäre, ebenfalls Selbstmord zu begehen.

Wenn man also an die katastrophalen Voraussagen glaubt, die keine wissenschaftliche Grundlage haben, aber selbst wenn sie wahr wären – man würde sie damit nicht aufhalten können. Im Gegenteil: Man sorgt damit dafür, dass die eigenen Gesellschaften verarmen und weniger widerstandsfähig werden. Denn wo wäre man lieber bei einer Umweltkatastrophe: Auf Haiti oder in Chicago, New York oder Los Angeles?

Jordan B. Peterson: Als Sie begannen, Anfang der 1990er offen dem Klima-Narrativ zu widersprechen, was waren Ihre Gründe dafür?

Dr. Richard Lindzen: Sie sprechen nun etwas an, das mich viel Zeit gekostet hat, um es überhaupt zu verstehen. Goebbels sagte bekanntlich einmal: „Eine Lüge muss nur oft genug wiederholt werden. Dann wird sie geglaubt.“ Da ist etwas Wahres dran. Es gab Aspekte bei der Etablierung von Narrativen, die zur Wahrheit gemacht werden, die mir lange nicht bewusst waren. Plötzlich hieß es: Das Klima wird vom Treibhauseffekt bestimmt. Und je mehr CO2 hinzu kommt, desto mehr wird der Effekt verstärkt, desto wärmer wird es. Mehr noch: Die weiteren natürlichen Bestandteile des Treibhauseffektes neben dem Kohlenstoffdioxid – Wasserdampf, Wolken, hohe Wolken und so weiter – würden das menschliche Wirken auch noch verstärken.

Das verstieße aber gegen das Prinzip von Le Chatelier: Wenn man ein System stört und es fähig ist, dem innerlich entgegenzuwirken, wird es das tun. Das wäre beim Treibhauseffekt der Fall. Es wurde also etwas merkwürdig, weil man sich fragte, woher die angenommenen Rückkopplungen kommen sollen. Manche Forscher, darunter meine Wenigkeit, sahen sich also die Rückkopplungen näher an: Handelte es sich um negative (abschwächende) Rückkopplungen, wie funktionierten sie und so weiter. Aber hinter dem Ganzen verbarg sich Folgendes: Wenn man ein Narrativ etablieren will, ist entscheidend, dass man es mit Fehlern würzt. Die Kritiker werden fragwürdige Details aufgreifen, aber nicht das grundlegende Narrativ infrage stellen. In diesem Fall lautete das Narrativ, dass das Klima vom Treibhauseffekt kontrolliert würde.

Nun ist es so, dass das klimatische System der Erde in verschiedene Regionen unterteilt ist, aber zwei Gruppen unterscheiden sich ganz besonders: Die Tropen, also der Bereich zwischen ungefähr 30 Grad nördlicher bis 30 Grad südlicher Breite, und alles, was außerhalb der Tropen liegt. Dort herrschen völlig unterschiedliche Dynamiken. In den Tropen gilt für die Erde folgendes und das ist etwas Technisches, das viel schwerer zu vermitteln ist, als dass Treibhausgase wie eine wärmeisolierende Decke seien oder 97 Prozent der Wissenschaftler zustimmen würden.

Phänomenale Unterschiede

Die Erde rotiert bekanntlich, wir haben Tag und Nacht. Aber es gibt einen Effekt namens Corioliskraft: Wenn man sich in einem rotierenden System befindet, treten Kräfte auf, die die Winde relativ zur Rotation verändern. Die einzige Komponente der Rotation ist die Komponente, die senkrecht zur Oberfläche steht. An den Polen steht der Rotations-Vektor senkrecht zur Oberfläche. Am Äquator steht er hingegen waagerecht zur Erdoberfläche bei null. Daraus entstehen Dynamiken, die sich phänomenal voneinander unterscheiden.

Wo es keine senkrechte Komponente des Rotationsvektors gibt, treten dieselben Bewegungen auf wie im kleinen Maßstab im Labor. Das System versucht, Temperatur-Unterschiede auszugleichen. Wenn man sich nun die Tropen anschaut, dann sind die auftretenden Temperatur-Unterschiede ziemlich gering. Sie variieren nicht stark im Bereich der tropischen Breitengrade. Verlässt man dann die Tropen und bewegt sich über die mittleren Breitengrade zu den Polen, bemerkt man enorme Temperatur-Unterschiede. Auch das ist bekannt.

Wenn man sich Klimaveränderungen der jüngeren Geschichte anschaut, so stellt man fest, dass das Klima in den Tropen relativ konstant geblieben ist und sich lediglich die Größe der Temperatur-Unterschiede in den Gebieten zwischen den Tropen und den Polen verändert hat. Während der Eiszeit betrugen die durchschnittlichen Temperatur-Unterschiede ungefähr 60 Grad Celsius, heute sind es rund 40 Grad Celsius. Im Eozän vor ungefähr 50 Millionen Jahren betrugen die Unterschiede in diesem Bereich ungefähr 20 Grad Celsius.

Keine physikalische Grundlage

Aber diese Veränderungen spielen sich außerhalb der Tropen ab. Innerhalb der Tropen spielt der Treibhauseffekt eine Rolle. Was sich bei den Temperaturveränderungen in den Gebieten zwischen den Tropen und den Polen vollzieht, hat hingegen sehr wenig mit dem Treibhauseffekt zu tun. Es handelt sich um ein Dynamik-Phänomen: Wenn es entlang der mittleren Breitengrade zu unterschiedlichen Temperaturen kommt, verursacht das Instabilität. Diese Instabilitäten nehmen die Form von zyklonischen und anti-zyklonischen Mustern an, die man von Wetterkarten kennt.

Ein Blick auf die Wetterkarte verrät uns noch mehr: Die Systeme, die uns ein bestimmtes Wetter bescheren, wandern von West nach Ost, aber nur auf den Breitengraden außerhalb der Tropen. Innerhalb der Tropen bewegen sie sich von Ost nach West. Die dominierenden Winde bewegen sich in den Tropen und außerhalb der Tropen jeweils genau entgegengesetzt.

Wir behaupten nun, der Treibhauseffekt habe an den Polen den größten Einfluss. Aber das stimmt nicht. Für diese Aussage gibt es keine physikalische Grundlage. Die Pole bestimmen lediglich den Anfangspunkt für die Temperaturveränderungen in den mittleren Breitengraden. Und diese werden lediglich durch die Strömungsdynamik bestimmt. Aber das ist schwer zu erklären.

Hier geht’s zum gesamten Gespräch

Share this story